Deutschland hat keine
Verfassung
Hier
ein Beitrag der online-Zeitung "freitag.de"
vom 06. 11. 2015. Der Autor Rainer Khani geht darin von
denselben Ansätzen aus wie wir und fordert als Konsequenz eine
Volksabstimmung für eine Verfassung. Wir zitieren diesen Artikel daher
gerne:
"Artikel 146 GG Eine vom
deutschen Volk selbst bestimmte Verfassung ist seit 1989 überfällig! Doch
die Politiker fürchten eine Verfassung wie der Teufel das Weihwasser!
Ein Blog-Beitrag von
Freitag-Community-Mitglied Rainer Kahni
Alle Welt spricht vom
Grundgesetz wie von einer heiligen Kuh, als wäre es die Bibel zur
Staatsreligion Deutschlands. Jeder Politiker trägt die ‘freiheitlich
demokratische Grundordnung’ wie eine Monstranz vor sich her und beruft
sich bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit auf das Grundgesetz
der Bundesrepublik Deutschland.
Sogar ihr Amtseide
leisten die Politiker auf diese Bibel aller Deutschen. Freilich ist das
keine besondere Kunst, denn dieser Eid ist nicht strafbewehrt. Man kann
also jeden Meineid auf dieses Grundgesetz schwören, ohne dafür jemals
juristisch belangt werden zu können. Vergisst jedoch ein armer Schlucker,
bei der Ableistung des Offenbarungseides seine Hauskatze anzugeben, dann
kann er sicher sein, dass ihm die Kavallerie der Justiz, die
Staatsanwaltschaft, bis ins Essfach nachgeht.
Wie kam dieses Grundgesetz überhaupt zustande?
Nach der
fürchterlichen Katastrophe des Zweiten Weltkrieges setzten sich auf die
Weisung der Siegermächte hin wohlmeinende und meist anständig gebliebene
Männer und Frauen auf der kleinen Herreninsel im bayerischen Chiemsee
zusammen und überlegten, welche Lehren aus diesem Desaster zu ziehen
waren.
Natürlich waren die
meisten Mitglieder dieses ersten Konvents noch im neunzehnten Jahrhundert
geboren und geprägt durch die Erfahrungen des Kaiserreiches, der Weimarer
Republik und des Dritten Reiches. All ihre traumatischen Erlebnisse
brachten sie in diesen Konvent mit ein. Was dabei heraus kam, war
bewundernswert.
Die Väter und
Mütter des Grundgesetzes der neu zu gründenden Bundesrepublik Deutschland
brachten ein Grundgesetz zustande, das es so auf deutschem Boden noch
nicht gegeben hatte. Es war gleichzeitig in alten Werten verhaftet und
doch in vielen Punkten avantgardistisch. Dieses Grundgesetz hat mit allen
ihren Veränderungen und Ergänzungen der Bevölkerung der neuen Republik
über einen Zeitraum von sechzig Jahren ein Leben in Frieden und Freiheit
beschert.
Allerdings darf nicht
vergessen werden, dass die Initiatoren dieses Konvents, die Siegermächte,
die Paten dieses Grundgesetz waren. Es kam also nicht auf Wunsch des
deutschen Volkes, sondern auf Anordnung der Siegermächte zustande. Das
deutsche Volk wurde weder gefragt, ob es ein solches Grundgesetz haben
wollte, noch mussten die Deutschen jemals für eine Demokratie kämpfen. Das
Grundgesetz kam einfach über sie, die Bürger Deutschlands hatten gar keine
andere Wahl.
Allen Mitgliedern des
Parlamentarischen Rates war daher klar, dass dieses Grundgesetz nur ein
vorläufiges Provisorium darstellte und nichts anderes war als ein
ordnungsrechtliches Instrumentarium der Siegermächte des zweiten
Weltkrieges. Prof. Dr. Carlo Schmidt sprach daher im Sinne des
parlamentarischen Rates, als er im Jahre 1948 die Bundesrepublik
Deutschland als “Staatsfragment” und das Grundgesetz ausdrücklich als
Provisorium und nicht als Verfassung bezeichnete.
Dies ist auch der
Grund, warum die Väter des vorläufigen Grundgesetzes den Artikel 146 in
dieses Provisorium einfügten, der da lautet:
Dieses Grundgesetz, das
nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte
deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine
Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier
Entscheidung beschlossen worden ist.
Der Artikel 146 betont
also den provisorischen Charakter des Grundgesetzes und beschränkt dessen
Geltung bis zur Einheit und Freiheit aller Deutschen in einem
wiedervereinigten Deutschland. Die Wiedervereinigung erfolgte im Jahre
1989. Haben die Deutschen nun eine Verfassung wie es der Artikel 146 GG
vorschreibt? Nein!
Spricht ein Politiker
jemals von diesem Artikel 146 des Grundgesetzes auf das er seinen Amtseid
geleistet hat ? Nein ! Er wird sich hüten, weil diese vom Volk
beschlossenen Verfassung nämlich die Gefahr in sich birgt, dass die
Ungleichgewichte, die sich im Laufe der letzten sechzig Jahre
eingeschlichen haben, jäh beendet sein könnten.
Dass Schluss ist mit der
sogenannten repräsentativen Demokratie, dass plötzlich plebiszitäre
Elemente in die Verfassung Einzug halten. Dass die heutige
Parteiendiktatur, die Diktatur des Kapitals, der Lobbyisten, der
Medienzaren, der Finanzindustrie und der Wirtschaftskapitäne ein Ende
haben wird oder zumindest an Einfluss verliert. Das Volk könnte sich auf
seine Bürgerrechte besinnen und seinen Anteil am Kapital fordern. Es
könnte verlangen, dass über Fragen der Daseinsvorsorge in
Volksabstimmungen entschieden wird. Es könnte fordern, dass über die
Abgabe von Souveränität an die europäische Union das Volk zu entscheiden
hat. Dass bei der Aufnahme von weiteren Mitgliedern in die EU die
deutschen Bürger gefragt werden müssen.
Das alles ist Gift in
den Augen der Politiker. Die Bundesregierung vertritt daher die
Rechtsauffassung, dass eine Anwendung des Artikel 146 GG zwar möglich,
aber nicht notwendig sei. Kenner des Grundgesetzes halten diese Aussage
der amtierenden Politiker für einen Skandal! Das Grundgesetz sei, so die
Kenner, ‘unstrittig nach besatzungsrechtlichen Vorgaben und nicht in
freier Entscheidung des deutschen Volkes beschlossen worden’. Das
Grundgesetz ist ohne Zweifel zustande gekommen ohne die Mitwirkung der
Deutschen, die in der damaligen sowjetisch besetzten Zone (SBZ) lebten und
denen eine Mitwirkung am Grundgesetz versagt war. Sechzehn Millionen
Menschen hatten also gar keinen Einfluss auf das Grundgesetz.
Der Artikel 146 GG sagt
nichts darüber aus, in welcher Form die neue Verfassung zustande kommen
muss. Am nächsten käme man dem Wortlaut des Artikel 146 GG, wenn ein
verfassungsgebender Konvent einberufen würde, der die neue Verfassung
ausarbeitet und sie dann dem ganzen deutschen Volk zur Abstimmung vorlegen
würde. Also ein Volksentscheid.
Verschiedentlich wurde
schon versucht, den Artikel 146 GG beim Bundesverfassungsgericht
einzuklagen. Das musste kläglich scheitern. Die Richter nahmen die Klage
nicht einmal zur Entscheidung an. ‘Der Artikel 146 GG habe rein
deklaratorischen Charakter’, so die höchsten deutschen Richter. Wenn man
weiss, wie diese Verfassungsrichter in ihr Amt kommen, dann versteht man
auch, wessen Interessen sie vertreten. Sie werden von einem
Richterwahlausschuss des deutschen Bundestages, je nach Parteienproporz in
ihre Ämter gehievt. Von Wahl also keine Spur, sie werden in einem kleinen,
weitgehend unbekannten Kreis, von Politikern benannt. Das zufällig
bestandene zweite juristische Staatsexamen, den Professor bei der
Promotion etwas verwirrt, in die richtige Partei eingetreten und dann
kaufen sie sich eine rote Robe und glauben allen ernstes, sie seien die
Stellvertreter Christi auf Erden.
Die Politiker leisten
ihren Teil, um dem Artikel 146 GG jede Geltung zu verweigern. Sie fürchten
diesen Teil des Grundgesetzes wie der Teufel das Weihwasser. Ständig
schmettern sie Petitionen nach Einberufung einer verfassungsgebenden
Versammlung und einem Volksentscheid über eine Verfassung mit immer neuen
semantischen Verrenkungen ab.
Das Volk könnte ja
plötzlich von seinen demokratischen Grundrechten Gebrauch machen, wie sie
in den römischen Verträgen von 1950 und in der dazu gehörenden
Menschenrechtserklärung vom Jahre 1953 für die gesamte europäische Union
festgeschrieben wurden. Die politische Kaste und das sie tragende Kartell
aus Kapital und Medien hat panische Angst vor dem Volk. Sie fürchten, dass
sich der ganze Frust über die offensichtlichen Demokratie – Defizite und
die ungerechte Verteilung des Kapitals in einem grossen Volkszorn entladen
könnte und die Besitzer des Kapitals und der Macht genauso hinweggefegt
würden wie es die mutigen Bürger der DDR mit der Vertreibung ihres
Staatsapparates im Jahre 1989 vorgemacht haben.
Wie mit dem Grundgesetz
von den amtierenden und schon abgetretenen Politikern umgegangen wird, das
sie immer wie eine Monstranz vor sich hertragen und auf den sie jeden
juristisch folgenlosen Eid schwören, wollen wir untersuchen. Artikel 146
Grundgesetz und die Frage nach der deutschen Verfassung ist eine Frage,
die viele Bürger und Verfassungsrechtler seit geraumer Zeit beschäftigen.
Das Grundgesetz ist ja
inzwischen nicht gerade unproblematisch, denken wir an die europäische
Integration. Fragen, die man lebhaft und konstruktiv diskutieren kann, zu
denen man bessere Gesetze oder reformierte Gesetze in eine neue Verfassung
schreiben könnte, um nach der Einheit der Deutschen auch einen neuen
Konsens herzustellen. Dass man das darf, als geeintes Volk, versichert
Artikel 146 des Grundgesetzes und war auch so gemeint von den Schöpfern
des Grundgesetzes als sie in die Präambel, sozusagen dem Vorwort mit
juristischer Relevanz, schrieben: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor
Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, seine nationale und
staatliche Einheit zu wahren und als gleichwertiges Glied in einem
vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat das Deutsche Volk in
den Ländern Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen,
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein,
Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern, um dem staatlichen Leben
für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben, kraft seiner
verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland beschlossen. Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen
mitzuwirken versagt war. Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in
freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu
vollenden.“
So stand es klar in der
alten Fassung der Präambel: „um dem staatlichen Leben für eine
Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben“, „für eine Übergangszeit“! Jetzt
ist die Übergangszeit vorbei, die deutsche Einheit hergestellt, alles hat
sich einigermaßen eingespielt, das Grundgesetz ist nicht schlecht, aber
auch nicht vollständig gut zu nennen, da logischerweise seine Schöpfer
nicht voraussehen konnten, welche politischen Problemstellungen über
sechzig Jahre später besonderen Regelungsbedarf entwickelt haben würden.
Übernehmen wir, was gut
aus dem GG ist und fügen es in eine neue Verfassung. Diskutieren wir
gründlich, was problematisch ist, fassen es in eine neue Verfassung und
lassen anschließend das geeinte Volk darüber abstimmen. Eine wunderbare
Idee, die einen richtigen Ruck auslösen könnte, einen erneuerten
Grundkonsens aller Deutschen zu schaffen, Ausländern nicht mehr mühselig
erklären zu müssen, warum wir statt einer Verfassung nur ein Grundgesetz
haben.
Und jetzt kommt Frau Dr.
Merkel ins Spiel, über die es in einem SPIEGEL - Beitrag zu jener
turbulenten Zeit des demokratischen Aufbruchs heisst: „Und dann war da
noch eine junge Frau in der Partei, sie wurde stellvertretende
Regierungssprecherin. Inzwischen hat Sie an Macht und Einfluss
dazugewonnen und schreibt auch über Artikel 146 GG: „Durch den Beitritt
der DDR zur Bundesrepublik Deutschland ist das Grundgesetz definitive und
abschließende gesamtdeutsche Verfassung geworden, denn durch Beitritt und
Einigungsvertrag ist über das Grundgesetz entschieden worden, die deutsche
Einheit bedingt keine neue Verfassung.“
Im Einheitsvertrag
steht, dass die DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes beitritt und
zwar zur Fassung des Grundgesetzes aus dem Jahre 1983, einer Zeit, als in
der Präambel bestimmt, dass das Grundgesetz für eine Übergangszeit gelte.
Außerdem trat die DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes bei, nicht dem
einer künftigen deutschen Verfassung.
Die sogenannte „einigungsbedingte
Änderung“ der Präambel lautet aktuell: „Im Bewusstsein seiner
Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als
gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu
dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt
dieses Grundgesetz gegeben. Die Deutschen in den Ländern
Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen,
Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und
Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit
Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte
Deutsche Volk.“
So wurde es mit dem
Einigungsvertrag beschlossen, als einigungsbedingte Änderung. Artikel 146
gilt noch, in dem es heisst, eine Verfassung löst das Grundgesetz ab! Der
Anhang EV (EV=Einigungsvertrag des Grundgesetzes) beruhigt, wie wir ihn ja
noch bis auf den heutigen Tag dem Grundgesetztext angehängt finden:
„Die Regierungen der
beiden Vertragsparteien empfehlen den gesetzgebenden Körperschaften des
vereinten Deutschlands, sich innerhalb von zwei Jahren mit den im
Zusammenhang mit der deutschen Einigung aufgeworfenen Fragen zur Änderung
oder Ergänzung des Grundgesetzes zu befassen, insbesondere mit den
Überlegungen zur Aufnahme von Staatszielbestimmungen in das Grundgesetz
sowie mit der Frage der Anwendung des Artikels 146 des Grundgesetzes und
in deren Rahmen einer Volksabstimmung.“
Artikel 146 und damit
zusammenhängend die Frage einer Volksabstimmung sollten allerdings auch in
die Tat umgesetzt werden, immerhin sind seit der Einigung inzwischen
zwanzig Jahre vergangen, das zehnfache der empfohlenen zwei Jahre!
Dazu sagt Frau Dr.
Merkel: "Einzelheiten hierzu ist den Begründungen zum Einigungsvertrag zu
entnehmen. Bundestagsdrucksache 11/7760 insb. S. 358, 359 Satz 3 der
Neufassung der Präambel stellt die Beendigung des in Satz 1, Satzteil 5
der bisherigen Präambel angesprochenen transitorischen Charakters des
Grundgesetzes klar. Damit wurde das Grundgesetz zur geltenden Verfassung,
dem Grundgesetz wurde beigetreten und es wandelte sich in die Verfassung
Deutschlands, es heisst Grundgesetz, ist aber die Verfassung, die solange
gilt, bis das Volk das Grundgesetz ablöst durch eine Verfassung, die in
freier Entscheidung beschlossen und in Kraft getreten, was aber nicht
nötig ist, da das deutsche Volk schon eine Verfassung hat, die Grundgesetz
heisst.“
Conclusio : Nach Meinung
der Physikerin Frau Dr. Merkel ist also der Artikel 146 GG hinfällig, weil
Deutschland ja nun qua Einigungsvertrag eine Verfassung habe. Auf so eine
absurde Begründung wäre nicht einmal der schlimmste Winkeladvokat
gekommen. So wird das deutsche Grundgesetz von den Politikern ausgehebelt!
"Geschichte ist die
Lüge, auf die sich die Historiker geeinigt haben!" (Voltaire)
Auszug aus meinem Buch
WEHRT EUCH !"
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